Falsche Prioritäten bei den Verkehrskontrollen

20. Jun 2015

Das Alkoholproblem bei Velofahrenden in den Griff bekommen, will die Basler Polizei. Dabei sind diese Unfälle im Vergleich zu anderen Velounfällen sehr selten.

Das Alkoholproblem bei Velofahrenden in den Griff bekommen, will die Basler Polizei. So stand es letzten Samstag im Interview mit zwei Vertretern der Verkehrspolizei und der Verkehrsprävention in der Basellandschaftlichen Zeitung. Der Journalist stellte dabei die richtige Frage: Setzt die Polizei da nicht falsche Prioritäten? Die 14 angetrunkenen Velofahrenden, die im letzten Jahr einen Unfall verursachten, haben keine anderen Personen verletzt. Zwei der im Jahr zuvor angefahrenen Personen seien hingegen verstorben. In Klammern wird in der Aussage von Herrn Thommen angefügt, dass dort aber gar kein Alkohol im Spiel war. Herr Castronari fügt anschliessend an, dass ein Velofahrer, der über den Durst getrunken hat, sogar stärker bestraft werden sollte, weil er eine höhere Sturzgefahr hat, als ein betrunkener Autofahrer. Eine seltsame Logik: Denn neben der eigenen Sturzgefahr, meine ich, dass Autofahren mit zu viel Promille im Blut vor allem deshalb gefährlich ist, weil dadurch andere zu Schaden kommen können.

Velounfälle haben zugenommen

Schauen wir uns ein paar Zahlen an: Im 2010 gab es 82 Autounfälle unter Alkoholeinfluss, 2014 waren es 50 Fälle. Berücksichtigt man das Gefährdungspotenzial von fahruntüchtigen Autofahrenden, scheinen die 14 sturzgefährdeten Velopiloten ein deutlich kleineres Problem zu sein. Ginge es nach der neusten Unfallstatistik, könnte die Polizei aber auch andere systematische Kontrollverstärkungen ankündigen. 2014 wurden zum Beispiel 26 Unfälle durch sich öffnende Wagentüren verursacht. Man kann davon ausgehen, dass es sich bei den Verletzten hauptsächlich um Velofahrende handelt. Diese Unfallart hat seit 2013 um 24 Prozent zugenommen. Oder die 20 Unfälle, bei denen aufholende Verkehrsteilnehmende von rechtsabbiegenden Fahrzeugen angefahren wurden: Davon gab es ebenfalls zwei mehr, als noch im Jahr zuvor. Auch hier dürfte es sich bei den Opfern mehrheitlich um Velofahrende handeln. Basel will Velostadt sein. Unsere Stadt hat aber erst bei der letzten Umfrage von Pro Velo unter den aktiv Pedalenden zum ersten Mal eine genügende Note 4 bekommen. Die Angst vor Unfällen wird von Nicht-Velofahrenden immer noch häufig als Grund für ihre Veloabstinenz angegeben. Nicht ganz zu Unrecht: Die Anzahl Velounfälle hat in den letzten drei Jahren zugenommen. Zwischen 2012 und 2013 nahm sie um rund 43 Prozent auf 99 Fälle zu und im Jahr 2014 waren es bereits 151, also nochmals über 50 Prozent mehr. 64 Fahrradfahrende wurden 2013 bei den Unfällen leicht verletzt, 33 schwer.

Falsche Prioritäten

Ich finde nicht, dass fahruntüchtige Velofahrende nicht bestraft werden sollen (wobei ich der Meinung bin, dass tatsächlich eine höhere Promillegrenze für sie gelten sollte). Ich meine aber, dass die Polizei in ihrer Kommunikation zur Unfallstatistik relevante Schwerpunkte setzen sollte. Das Problem mit betrunkenen Velofahrenden hält sich aus meiner Sicht wirklich in Grenzen. Velofahrende sind leise, sie verpesten die Luft nicht und ihre Fahrzeuge brauchen kaum Platz zum Parkieren. Velofahren ist gesund und macht glücklich (mich jedenfalls). Wir sollten deshalb dafür sorgen, dass Gefahren für Velofahrende abgebaut werden, mehr Velowege entstehen, Velofahrende respektvoll mit den anderen Verkehrsteilnehmenden umgehen und so vor allem auch Jugendliche wieder häufiger den Drahtesel nehmen. Das wäre sinnvoller, als eine Handvoll feuchtfröhliche Radler zu suchen.