Halten wir uns an die Fakten

19. Sep 2012

Basel ist nicht mehr sicher. Vergewaltigungen häufen sich und Frauen getrauen sich nachts nicht mehr auf die Strasse. Diesen Eindruck erhält leicht, wer in den letzten Wochen die in allen Variationen wieder aufflammende Sicherheitsdebatte verfolgt hat. Was ist dran?

Das Thema beschäftigt mich als Frau. Muss ich Angst haben spät abends alleine nach Hause zu gehen? Da hat sich doch in letzter Zeit ganz ungewollt eine kleine Unsicherheit eingeschlichen. Die Häufung der Artikel mit grossen Titeln setzt das Thema in unseren Köpfen fest. Die Art der Berichterstattung lässt einen verunsichert zurück. Was tun? Statt sich von Journalisten mit herumjonglierten juristischen Begriffen ins Boxhorn jagen zu lassen, sollten wir uns an die Fakten halten. Wer die Statistiken anschaute, sieht: Basel ist nicht gefährlicher, als andere Städte. 2011 gab es in der Stadt Zürich 3,2 Fälle von Sexualdelikten auf tausend Einwohner, in Basel 1,7 Fälle. Die ersten fünf Monate des Jahres 2012 zeigen im Vergleich zum Vorjahr keine Häufung von sexuellen Übergriffen in unserer Stadt.

Selbsternannte Sicherheitsexperten

Und trotzdem ist die Sicherheit im öffentlichen Raum Thema wie in keiner anderen Schweizer Stadt. Die Koalition zwischen wahlkampfgesteuerter Stimmungsmache und gefühlsgesteuerter Berichterstattung zeigt ihre Wirkung. Anstatt das Problem sorgfältig zu thematisieren, Statistiken zu vergleichen und Fachleute anzuhören, erklären sich Politiker (ja, es sind fast alles Männer) zu Sicherheitsexperten, die das Problem schnell aus der Welt zu schaffen wüssten. Ein Trugschluss.

Uns wird die absolut sichere Stadt vorgegaukelt. Das ist weltfremd. Eine 100%ige Sicherheit gibt es weder im öffentlichen Raum noch hinter den Hausmauern. Gewalt im öffentlichen Raum und häusliche Gewalt sind eine traurige Realität.

Konkrete Vorschläge bitte!

Diese Themen dürfen weder unter den Teppich gekehrt, noch hochgekocht werden. Betroffene Frauen sollen öffentlich darüber berichten können, die Täter anprangern und vor allem auch anzeigen. Die Verantwortung der Politik ist es, die Probleme so anzusprechen wie sie sind und nicht die tatsächliche Sicherheit mit dem individuellen Sicherheitsgefühl gleichzusetzten. Faktoren wie die Grösse des Polizeicorps oder eine restriktive Law-and-Order-Politik sind kein Allerheilsmittel.

Gewalt im öffentlichen Raum kann leider nicht abgeschafft werden. Zur Verhinderung möglichst vieler Übergriffe braucht es neben Polizisten und Abschreckung durch harte Strafen, vor allem sinnvolle Präventionsmassnahmen wie Selbstverteidigungskurse. Einfach mehr Sicherheit zu versprechen, ist billiger und unehrlicher Wahlkampf, denn Faktoren wie die geopolitische Lage können auch Basler Regierungsmitglieder nicht beeinflussen. Sollte einer der Regierungsratskandidaten, die sich nun mit dem Thema profilieren, gewählt werden, wird er es schwer haben, seine Versprechen einzulösen.

Erschienen in der Basellandschaftlichen Zeitung vom 19.9.2012