13. Nov 2013
Die Zünfte haben bisher die Feier für die Basler Jungbürger organisiert. Dank einem Vorstoss im Grossen Rat wird dieser Anlass nun auch für junge Ausländerinnen und Ausländer geöffnet. Die Zünfte haben sich dagegen gewehrt - unverständlich.
«Rot-grüne Politiker und Exponenten der Zünfte pflegen eine tiefe
gegenseitige Abneigung. Die Politiker spotten gerne über die in ihren
Kreisen als antiquiert geltenden Zünfte. Die Zünfte ziehen die
rot-grünen Exponenten und deren Politik bei Zunftanlässen ebenso gerne
ins Lächerliche.» So schrieb die «Schweiz am Sonntag» kürzlich, als der
Grosse Rat beschloss, dass künftig auch junge Baslerinnen und Basler mit
ausländischem Pass an die Jungbürgerfeier eingeladen werden sollen.
Von meiner Seite gibt es keine solche grundsätzliche Abneigung.
Tradition gehört zu unserer Stadt wie Innovation und Modernes. Beides
zusammen macht unsere Stadt aus und hält sie zusammen. Aus den
Widersprüchen zwischen Tradition und Moderne entstehen immer wieder
spannende Diskussionen. Und so finde ich, dass auch diese Debatte nicht
als Kampf gesehen werden sollte, sondern als Zeichen der verschiedenen
Engagements, die Basel lebendig machen. «Es ist sehr schade, dass ein
Anlass, der gut läuft und in der Bevölkerung tief verankert ist, nun
kaputt gemacht wird», sagte Andreas Brütsch, der OK-Präsident der
letzten Jungbürgerfeier im selben Artikel. Mit diesem Satz setzen sich
die Zünfte das alte Klischee selber auf. Warum in aller Welt wird der
Anlass kaputt gemacht, wenn ausländische Jugendliche daran teilnehmen
dürfen?
Ich kann mich noch gut an meine Jungbürgerfeier erinnern. Im
Vorprogramm konnten wir aus verschiedenen Führungen auswählen.
Anschliessend gab es die offiziellen Ansprachen, die Fahnen, das
Traditionelle. Und nach dem grosszügigen Essen die lang ersehnte Party.
Ich habe gute Erinnerungen an das Fest. Aber ich kann mich nicht daran
erinnern, dass dabei etwas gesagt oder gezeigt worden wäre, das für
unsere Freundinnen und Freunde, die nicht in der Schweiz geboren sind,
nicht auch von Bedeutung gewesen wäre. Engagieren kann und soll man sich
sowohl als Stimmbürgerin als auch als Mitbewohner einer Stadt auch ohne
Bürgerrechte. «Eine Volljährigkeitsfeier ist schlicht eine Party für
18-Jährige und hat für eine politische Gemeinde keine spezielle
Bedeutung mehr», sagte Eduard Etter, Vorsitzender Meister der Zünfte und
Gesellschaften. Auch da muss ich vehement widersprechen. Auch von
Nicht-Bürgern erwarte ich einen Beitrag für ein gutes Zusammenleben
unserer Gesellschaft und ich würde es aus politischen, sozialen und
wirtschaftlichen Gründen als grossen Fehler bezeichnen, diesen
Bevölkerungsteil auszuklammern. Wollen sich die Zünfte den
Herausforderungen unserer Zeit stellen und meinen sie es ernst mit der
Aussage, dass sie ihr Engagement als Beitrag für das Gemeinwesen
verstehen, so müssen sie einen Weg finden, ihre Traditionen mit der
modernen Realität zu verbinden. Sie müssen akzeptieren, dass die Basler
Bevölkerung zu einem wesentlichen Teil aus Personen mit ausländischen
Wurzeln und ohne Schweizer Pass besteht.
Mit einem Fest, das alle jungen Erwachsenen daran erinnert, dass
sie mit der Volljährigkeit Rechte und Pflichten als mündige Mitglieder
der Basler Bevölkerung erhalten, können die Zünfte zum Zusammenhalt der
Bevölkerung und zur Motivation der Jugendlichen für ein
gesellschaftliches Engagement beitragen. Eine schöne und wichtige
Tradition.
Basler Kommentar in der Basellandschaftlichen Zeitung vom 23.10.2013