Fussball-WM im Fegefeuer

03. Dez 2010

Die Fussball-WM 2022 findet in Katar statt. Schön für den Scheich. Weniger schön für die Umwelt. Zwölf klimatisierte Stadien sind geplant. Eine Umweltsünde mit grosser Wirkung.

Gestern war es soweit: Die gesamte Promi-Welt wartete mit zitternden Knien (es war kalt in Zürich) auf den Segen von Sepp Blatter. Ein tolles Happening, denn schon Tage vorher konnte jeden Tag über einen neuen Rolls Royce berichtet werden, der einen Prinzen, Fussballgott oder Schauspieler in Zürich herumchauffierte. Erstaunlicherweise findet nun weder die WM 2018 noch diejenige 2022 am Nordpol statt. Auch der Tiefseegraben wurden völlig zu Unrecht übergangen. Es geht das Gerücht um, der Grund sei das geringe Markterweiterungspotential. Nein, erkoren wurden schliesslich Russland und der Wüstenstaat Katar.


Erstaunlich?

Ja im ersten Moment könnte das erstaunen. Denn die Bedingungen dürfen gelinde gesagt als widrig bezeichnet werden. In Katar wird es im Sommer bis zu 50 Grad Celsius heiss. Zudem wurden Katar und Russland von den FIFA-Inspektoren beide als nicht geeignet oder sogar risikoreich eingestuft. Trotzdem ist die wahl im zweiten Moment nicht sehr erstaunlich. Denn tatsächlich sind beide Standorte wirtschaftlich interessant für die FIFA und deren Zugewandte. Sowohl in Osteuropa, als auch auf der arabischen Halbinsel sind neue Märkte erschliessbar. Das dürfte die Partner der FIFA in höchstem Masse interessiert haben. England ist aus dieser Perspektive natürlich völlig uninteressant, denn von den Engländern wissen wir, dass sie beim Fussball einfach Bier trinken.

Auch die geplanten Sonnekollektoren auf den Stadiondächern machen die Sache nicht besser. Die genannten Investitionssummen sind horrend und man darf sich ruhig fragen, ob es da noch irgendjemandem um Sport geht. Aber der Heiligenschein der interkulturellen Kommunikation, Völkerverbindung und Förderung von armen Slumkindern und ihrer Befreiung aus dem Elend durch den Fussball klebt am Fussballimage. Da nützen auch die dreckigen Milliarden, die in Stadien investiert werden, welche nachher entweder die lokale Bevölkerung ein weiteres Vermögen kosten, um in Stand gehalten zu werden oder in ein paar Jahren zu Bauruinen werden und an denen sich ein paar Baufritzen eine goldige Nase verdienen, nichts.
Katar will sich wohl zusätzlich als Tourismusdestination empfehlen. Ich denke auch, dass sich sowohl Fussballer wie Touristen wohl fühlen werden, wenn sie aus dem gekühlten Stadion herauskommen.
Dabei muss man wahrscheinlich eher die Frage stellen, ob Katar überhaupt noch existiert 2022. Kommt nämlich darauf an, ob sie bis dahin noch ein bisschen Öl finden.


Spätfolgen

Eine WM ist ohnehin schon kein umweltfreundlicher Anlass. Folgende Umweltfolgen könnte die WM in Katar aber zusätzlich haben:

- Enormer Energieverbrauch durch die gekühlten Stadien - Gefährdung der natürlichen Landschaften durch weitere Aktivitäten oder zukünftig stärkeren Tourismus (Steinwüste, Korallenriffe, etc.)
- Zerstörung durch den Bau der Stadien mit enormem Verkehrsaufkommen
- Hinterlassung von "Altlasten" (Infrastrukturerhalt, Abfall, etc.)
- Ermöglichung von Investitionen in Ölförderung in sensiblen Gebieten


Fazit der Sache: Eigentlich dürfte man keine WM mehr schauen, keine Bildli mehr sammeln und keine Fussballshirts mehr tragen. Stellt sich nur die Frage, wer sich dann 2022 nicht von der organisierten Begeisterung übertölpeln lässt. Aber wir haben ja noch etwas Zeit uns was auszudenken. Oder vielleicht ist der Klimawandel dann soweit fortgeschritten, dass es in Katar drei Wochen regnet...