Neue Wege in der Wirtschaftsförderung nötig

21. Aug 2020

Der Staatsrat hat eine neue Wirtschaftsstrategie für den Kanton Freiburg vorgestellt, mit welcher er die Bioökonomie speziell fördern will. Ein Begriff, der irreführend sein kann. Wo 'bio' drauf steht, muss auch 'bio' drin sein.

Votum zur neuen Wirtschaftsstrategie des Kantons Freiburg, Grossratssitzung vom 20.8.2020

Die Krise stellt alle vor grosse Herausforderungen. Die Frage wie sich die Wirtschaft danach entwickeln soll und kann, ist von grosser Bedeutung. Unsere Fraktion hat als Anstoss dazu ein Mandat verfasst für ein grünes Impulsprogramm und ich lehne mich auch an ein Papier zu diesem Thema, welches die Grünen Freiburg im Laufe der Krise erarbeitet und veröffentlicht haben.

Die Krise trifft viele hart. Die Schwächen unserer Systems wurden uns schonungslos aufgezeigt: Abhängigkeit vom Ausland für relevante Produkte für die Produktion und den Konsum aber auch im Tourismus. Die Krise muss aus unserer Sicht deshalb auch genutzt werden, um einen Innovationsschub zu lancieren, von dem der Kanton und seine Bevölkerung nachhaltig profitieren können. Ein grüner Innovationsschub.

Diktatur des BIP
Heute gilt die Diktatur des BIP. Ohne wachsendes BIP geht es einer Region schlecht, so die Doktrin. es ist nicht zu bestreiten, dass das BIP ein Faktor ist, der den Wohlstand und die Entwicklung der Bevölkerung anzeigt. Aber er ist nicht ausreichend. Die Kritik an dieser einseitigen Messmethode wird weltweit immer lauter und kommt nicht nur von Grünen. Es reicht nicht mehr aus, Marktproduktion und Markteinkommen als einziges Kriterium für den Zustand der Bevölkerung heranzuziehen. Der Wohlstand soll künftig vom alleinigen Wachstum entkoppelt werden. Anstelle des Bruttoinlandsproduktes müssen ein neues Wohlstandsmaß und eine neue Form der Wirtschaftsberichterstattung treten, um neben den ökonomischen auch ökologische, soziale und gesellschaftliche Entwicklungen zu messen. Die OECD hat den „Better Life Index“ entwickelt, um das gesellschaftliche Wohlergehen anhand von elf Themenfeldern – u.a. Bildung, Sicherheit und Work-Life-Balance – zu ermitteln und international zu vergleichen.
Mir scheint, in Freiburg hinken wir da etwas hinterher. Es reicht nicht aus, im Gesetz den Begriff der nachhaltigen Entwicklung zu verankern. Was heisst denn das konkret, der Kanton engagiert sich für eine nachhaltige Wirtschaftsförderung?

Wo 'bio' draufsteht, muss 'bio' drin sein
Die vorliegende Neuausrichtung der Wirtschaftsstrategie ist grundsätzlich nicht zu kritisieren. Die Diversifizierung ist in Anbetracht der Krise dringend nötig. Industrie 4.0 und Biowirtschaft sind zwei Bereiche, die gut zum Kanton passen und für die die Grundlagen bereits bestehen.

Was mich stört, ist die Definition, bzw. die Nichtdefinition des Begriffs Biowirtschaft im Bericht. Es besteht grundsätzlich die Gefahr, dass alles, was mit Bio angeschrieben ist, als «bio» im Sinne von ökologisch verstanden wird. In diesem Fall, stimmt das nicht. Biowirtschaft bedeutet lediglich, dass mit natürlichen Ressourcen gearbeitet wird. Theoretisch können Sie also die Meere leerfischen und mit den Fischen etwas produzieren, das dann als Produkt der Bioökonomie gilt. Oder die Wälder abholzen, etc. Bioökonomie an sich hat noch nichts mit nachhaltiger Bewirtschaftung zu tun, sondern bezeichent nur, mit welchen Ressourcen gearbeitet wird. Der Staatsrat schreibt «Biobasierte Produkte erfordern einen geeigneten Boden und ein geeignetes Klima für die Produktion spezifischer Biomasse wie Raps, Mais, Weizen, Zuckerrüben, Flachs oder Hanf sowie die Beteiligung von Landwirten, Agroindustriebetrieben, chemischen Industrien, Verarbeitungsindustrien und Verteiler.» Kein Wort von nachhaltiger Entwicklung.

Die EU beschäftigt sich zurzeit auch sehr stark mit dem Begriff der Biowirtschaft. Es wurde kürzlich an einer Konferenz auf hoher Ebene, die im Rahmen der niederländischen EU-Ratspräsidentschaft stattfand, ein Manifest verabschiedet, welches den Begriff so definiert. „Die Wirtschaftsbereiche, die erneuerbare biologische Ressourcen (Biomasse) von Land und Meer nutzen um daraus auf nachhaltige Weise Lebensmittel, Tiernahrung, Materialien, Chemikalien, Treibstoffe und Energie herzustellen”.

Weiter heißt es im Manifest, der Übergang zu einer Kreislauf- und nachhaltigen Biowirtschaft sei „unumgänglich”, denn fossile Brennstoffe seien zwar seit zwei Jahrhunderten die treibende Kraft bei der Entwicklung der modernen Wirtschaft, nun sei aber die Zeit gekommen, „diese Ära zu beenden, denn sie hat große Probleme für das Klima, die Umwelt und die ganze Menschheit verursacht.” Auch Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga betonte vor Kurzem im Austausch mit den deutschsprachigen Umweltministerinnen, die Wirtschaft brauche einen Neustart mit Innovationen, die konsequent auf Nachhaltigkeit ausgerichtet seien.

Weg von fossilen hin zu biobasierten Rohstoffen
Dazu lese ich in der Strategie des Staatsrats nichts. Es ist aber unumgänglich, dass wir uns sehr schnell auf eine ehrliche nachhaltige Entwicklung des Kantons einstellen und diese massiv fördern. Weiter wie bisher mit ein paar neuen Begriffen als Strategie reicht nicht. Andere Länder sind da auch schon einiges weiter. Zum Beispiel die Niederlande: Nach Angaben der stellvertretenden Leiterin für grünes Wachstum im Wirtschaftsministerium, haben die Niederlande einen besonderen Schwerpunkt auf die biobasierte Wirtschaft gelegt. „Dies bedeutet, dass wir uns von fossilen zu biobasierten Rohstoffen bewegen, und das bietet fantastische Möglichkeiten,” Insbesondere könnte ein biobasierter Ansatz zur Herstellung „neuer Chemikalien, neuer Materialien, Energie und natürlich Lebensmittel” führen.

Wir bitten den Staatsrat, sich bei der Umsetzung der Strategie an diesen Eckpunkten zu orientieren und nicht an alten Zöpfen festzuhalten. Ohne echte und bereichsübergreifende Nachhaltigkeitsstrategie wird es uns in Zukunft schlecht ergehen.